vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 55

Portraits

Reto Boller | Natascha Borowsky | Stefan Banz | Valie Export | Jonathan Monk | Martin Kippenberger

Interview

Ariane Grigoteit

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Gabriele Rothemann

Künstlerbeilage

Rolf Bier

Interview

Dr. Ariane Grigoteit, Leitende Kuratorin, Deutsche Bank Kunst

Textauszug

Ariane Grigoteit
J.K.: Die Beziehungen zwischen Kunst und Ökonomie verlaufen nicht immer reibungslos. So kritisierte der in New York lebende Künstler Hans Haacke mit seinem Beitrag auf der documenta 8 (1987) das Südafrika-Engagement der Deutschen Bank, so betonte (1987) Walter Dahn aus dem gleichen Grund, keine Arbeiten an die Deutsche Bank verkaufen zu wollen. Und heute? Die alten Feindbilder scheinen nicht mehr zu greifen. Beispielsweise favorisieren die an der Ausstellung »Art & Economy« (2002) beteiligten Künstlerinnen und Künstler in ihren Arbeiten den Dialog und nicht den Gegensatz. Ein Dialog setzt bereits die wechselseitige Akzeptanz voraus. Worin begründet sich diese Dialogbereitschaft?

A.G.: Dialogbereitschaft definiert sich momentan doch eher aus einseitigen Impulsen und Entscheidungen der Wirtschaft, die die Kunst sehr zurückhaltend aufgreift und diskutiert. Auch andere aktuelle Entwicklungen, wie etwa aus der Medizin, finden Sie kaum künstlerisch reflektiert. Angesichts der umfassenden Globalisierungs- bewegung eröffnet Kunst aktuell scheinbar die rettende Möglichkeit zur Selbstfindung, Identifikation und Neudefinition individueller Persönlichkeit in einer sich immer ähnlicher und größer werdenden Masse.

J.K.: Sicherlich sind die neuen Schwerpunkte wie Ausstellungen in »Deutsche Guggenheim Berlin«, die Reihe »Moment« und Präsentationen aus dem Bestand der Deutschen Bank in Museen und Kunsthallen publikums- und medien- wirksamer als die alten. Welchen Stellenwert haben für Sie diese Projekte im Vergleich zur Sammlung?

A.G.: Das Deutsche Guggenheim, Moment, die Ausstellungen und die Sammlung sind jeweils gleichwertige Bereiche des Kunstengagements. Nach den Sammlungsanfängen war es jedoch über- raschend zu sehen, wie unsere Kollegen nach der Eröffnung des Deutsche Guggenheim 1997 stolz mit Familie und Freunden nach Berlin fuhren, um das firmeneigene Kunst- und Kulturengagement zu präsentieren. Denn die Sammlung besitzt ein ganz anderes Selbstverständnis. Es mag schwierig sein, sich vorzustellen, welche Pionierleistung es damals war, aktuelle Kunst in eine Bank zu integrieren, sie nicht mehr im traditionellen Rahmen eines Museums oder einer Galerie, sondern in der Arbeitswelt zu präsentieren. Unsere Erfahrung ist bis heute: Akzeptanz von Kunst, sobald sie in »gesicherter Umgebung« eines Museums erlebt wird. Hängen die selben Werke in einer Bank oder sind sie, wie in unserer Reihe Moment, auch noch temporär im öffentlichen Raum zu sehen, fällt die Akzeptanz ungleich schwerer. Hier endet die Betrachtung und Diskussion meist schon bei der Frage »Ist das Kunst?«.

Joachim Kreibohm