vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 55

Portraits

Reto Boller | Natascha Borowsky | Stefan Banz | Valie Export | Jonathan Monk | Martin Kippenberger

Interview

Ariane Grigoteit

Page

Gabriele Rothemann

Künstlerbeilage

Rolf Bier

Portrait

Reto Boller, Foto: Bob Gramsa

Textauszug

Reto Boller
Die Auflösung überlieferter Gattungsgrenzen in der Kunst der sechziger Jahre ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Schaffen des 1966 in Zürich geborenen Reto Boller. Der vielbemühte »Ausstieg aus dem Bild« offenbart sich nicht nur in zahlreichen raumgreifenden Klebearbeiten oder in der jüngst im Schaffhauser Museum zu Allerheiligen realisierten Bodeninstallation, die mittels blauer Spannteppiche eine abstrakte Landschaft mit scharfen Längsschnitten und sanfter Brandung in den Raum zauberte. Er manifestiert sich selbst in einem Werkensemble von an sich klassischen Bildtafeln, wie sie seit Mitte der neunziger Jahre entstehen: »Leim, Acryl, Aluminium«, »Aluminium hochglanzpoliert, Schutzfolie« oder »Silikon, Acryllack, Aluminium«. Die Werkstoffe scheinen eher dem Baumarkt als dem Künstlerbedarf zu entstammen, die Sachlichkeit der Aufzählung einzig das empirisch Wahrnehmbare zu beschreiben.

Jenseits trendiger Malereidiskurse und oberflächlicher Wiederbelebungen klassischer Peinture verfolgt Reto Boller seit Jahren eine klare Strategie der sanften, aber unnachgiebigen Befragung, der dauernden Verschiebung sowie der kalkulierten Erweiterung und Neubestimmung des Tafelbildes, um gewissermaßen der von der Pioniergeneration der sechziger Jahren abgelehnten Flächigkeit von Malerei eine neue Dimension abzugewinnen. Dank einer offenen und konsequent forschenden Haltung verliert er dabei selbst beim intensivsten Rot-Sehen nie den Kopf...

Konrad Bitterli