vergriffen

Portrait

Der Künstler – ein Pausenclown?, 2013, Ein Spiel, Videostill, Video-Installation

Textauszug

Doris Weinberger
Ein Künstler ist kein Keksriegel oder Nützt es dem Künstler Idealist zu sein?« - Es sind schon merkwürdige Titel und Fragezeichen, die die Bremer Künstlerin Doris Weinberger in den Kunstdiskurs hinein katapultiert. Ihre Abschlussprüfung an der Hochschule für Künste in Bremen 2010 delegierte sie an Podiumsgesprächsteilnehmer, die sich genau über diese selbst gestellte Prüfungsfrage den Kopf zerbrechen sollten. Das Gespräch, das aus Sicht der Kunst, der Kunstvermittlung, der Wirtschaft und der Philosophie um die Sinnfrage überhaupt kreiste, die einen in die Welt entlassenen jungen Künstler zu Beginn seiner Karriere plagen muss, diente ebenso dazu, ein Bild zu schaffen: Das Podium als Bühne, das Gespräch als »Tableau vivant«. Dass sich eine Podiumsdiskussion, die zwischen Planung und Improvisation oszilliert, die die Grenzen von Authentizität und Inszenierung verwischt, jeglicher Prüfungskategorien entzieht, mag die im Zuschauerraum tätige und von manchen Überraschungen gebeutelte Kommission nicht gänzlich erschüttert haben. Mehr als überzeugend wirkte allerdings die vollständige Infragestellung des eigenen Berufes zum Abschluss des Studiums.

Der Workshop als künstlerische Quelle und Inspiration dient Weinberger der Analyse von Systemen, Hierarchien und Kontexten des Kunstbetriebes. »Ich thematisiere künstlerisches Arbeiten. Die Protagonisten sind zumeist selbst Künstler oder haben sonst einen direkten Bezug zum Thema der Arbeit, die Dialoge sind authentisch, die Schauplätze original. Wichtiges Element neben der Arbeit, des ‚Werkes‘ an sich ist immer der Rahmen, in dem eine spezielle Arbeit stattfindet (Raum, Anlass, Historie) und die Vor- und Nachbereitung (Publikation, Dokumentation, Edition).« (Doris Weinberger)

Das Spannungsfeld aktueller Institutionskritik behält seine Schärfe. Es bleibt aber ebenso zu fragen, ob das Betriebssystem Kunst derzeit überhaupt ein dringliches Themenschlachtfeld für kritische Kunst ist und nicht die Gefahr potentieller Betriebsblindheit droht. Der nur mit einem Hammer ausgerüstete Mann betrachtet bekannterweise alles als Nagel. Dass zunehmend und in internationalem Ausmaß rechtliche und ökonomische Fundamente aus den Fugen geraten, muss auch die Freiheit der Kunst berühren. Ein Ansatz, den Doris Weinberger in einem Gespräch formulierte, könnte daher lauten: Was können wir im Bereich der Kunst nicht nur mitteilen, sondern teilen?

Sabine Maria Schmidt