Artist Ausgabe Nr. 88

Portraits

Katarina Seda | Franziska C. Metzger | Fabrice Samyn | Rosemarie Trockel | Stefan Wissel

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Zilla Leutenegger

Künstlerbeilage

Dirk Dietrich Hennig

Interview

BQ, Weydingerstrasse 10, Berlin, Installationsansicht David Shrigley, Foto: Roman März

Textauszug

Jörn Bötnagel und Yvonne Quirmbach
rufsbild des Galeristen ist nirgendwo eindeutig definiert. Ist diese Tätigkeit Beruf oder Berufung?

J.B./Y.Q.: Galerist ist ein relativ normaler Beruf, wenn man die täglichen Aufgaben betrachtet, die man zu erledigen hat. Es ist allerdings ein Beruf, für den man keinerlei Ausbildung oder Zulassung benötigt, und das macht den Unterschied zu den meisten bürgerlichen Berufen aus. Von Berufung würden wir in diesem Zusammenhang nicht sprechen, denn man kann eine Galerie auf sehr unterschiedliche Art und Weise führen, die einen arbeiten intuitiv, die anderen mit Business-Plan, die einen näher am Künstler, die anderen näher am Kunden.


J.B./Y.Q.: Viele Ihrer Fragen deuten auf ein überzeichnetes Klischee vom Kunstmarkt hin. Wir fragen uns, ob sie uns aus der Reserve locken wollen, oder haben sie tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass Galeristen so abgezockt sind? In unserem Umfeld stimmt jedenfalls das Verhältnis von Kunst und Kommerz - seit der Wirtschaftskrise erst Recht. Viele unserer Kollegen haben genauso wie wir nicht das Problem zwischen Ware und wahrer Kunst zu unterscheiden, weil man sowieso nur »gute« Kunst ausstellt und nur diese im besten Fall verkaufen kann. Der Kunstmarkt hat sich in den vergangenen Jahren zu seinem Vorteil verändert, weil die Sammler sehr kritisch geworden sind. Die letzten fünf Jahre waren ein Lernprozess, an dessen Ende die Frage nach Inhalt und Kontinuität steht. Es gibt viele Wege, die zum Erfolg führen, dafür braucht man keinen Prada-Anzug und gegelte Haare, eine gute Ausstellung hilft zum Beispiel auch.

J.Krb.: Ich versuche, Tendenzen zu beschreiben, und es stört mich ganz gewaltig, dass die Balance von wahrer Kunst und Kunst als Ware aus dem Gleichgewicht geraten ist. Nun aber zu Ihnen. Sie arbeiten mit einer Reihe von Künstlern wie Dirk Bell, Alexandra Bircken, Carina Brandes, Matti Braun, Owen Gump, Andrew Kerr, Ferdinand Kriwet, Friedrich Kunath, Bojan Sarcevic, David Shrigley, Marcus Steinweg, Reinhard Voigt und Richard Wright zusammen. Was sind die Kriterien Ihrer Entscheidung, gibt es einen Ariadnefaden, der sich durch das Programm zieht und es prägt?

J.Krb.: Das Art Forum Berlin wurde 1996 vornehmlich von Kölner Galerien ins Leben gerufen, die Kritik an den Zuständen der Art Cologne hatten. Nun ist Schluss. Die Stadt zog die Reißleine. Art berlin contemporary und Messe Berlin konnten sich nicht einigen. Wechselseitige Schuldzuweisungen machten die Runde. Ist nun der Standort geschwächt oder gibt es viel zu viele Messen, können Gallery Weekend und abc-Veranstaltung das Art Forum ersetzen, ist Berlin als Kunststadt so attraktiv, dass es keine Messe braucht?

J.B./Y.Q.: Die drei besten Kunstmessen finden bis auf eine Ausnahme (London) an Orten statt, an denen es keine große Konzentration von Galeristen gibt. Das ist vielleicht das Dilemma in Berlin und die neue Chance für Köln. Durch den Wegfall des »Art Forum Berlin« hat sich aber auch plötzlich eine historische Chance für die Galeristen ergeben, die die »abc« organisieren, da sie jetzt ohne Kompromisse, ohne einen Mitbewerber, auf dem Reißbrett einen neuen Event kreieren können, der ab 2012 neue Maßstäbe setzen kann. Wir hoffen, dass die Macher von »abc« diese Verantwortung annehmen und »abc« in den kommenden Jahren zu einer wichtigen Veranstaltung im Berliner Kunstherbst entwickeln, die zusammen mit dem »Gallery Weekend« im Frühjahr ausreichende Argumente für deutsche und internationale Sammler bietet, um nach Berlin zu reisen. Die Attraktivität der Stadt wird zudem während des ganzen Jahres durch eine Vielzahl von Veranstaltungen in Institutionen und Galerien hergestellt, dazu kommen noch die Aktivitäten der anderen Sparten des Berliner Kulturbetriebs. Eine Schwächung des Standorts, bedingt durch den Wegfall der Kunstmesse in der Form, in der sie bisher durchgeführt wurde, sehen wir momentan nicht. Unsere Einschätzung muss man allerdings etwas relativieren, denn wir haben nie am »Art Forum Berlin« oder an »abc« teilgenommen, und wir arbeiten erst seit etwas mehr als zwei Jahren in dieser Stadt.

Joachim Kreibohm