vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 68

Portraits

Jens Wolf | Antje Bromma | Monika Baer | Isa Genzken | Shannon Bool | Jonathan Meese

Interview

Axel Haubrok

Page

Achim Bitter

Künstlerbeilage

Knut Eckstein

Edition

Gerold Miller

Polemik

Textauszug

»Nürnberg ist überall!«
Die fast totale Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes, die in den letzten zwei Jahrzehnten eingetreten ist, muss nicht zur Folge haben, dass die Kunst a priori wirkungslos ist. Gerade das von Stange zitierte Beispiel eines Projektes von Olaf Metzel am Schönen Brunnen in Nürnberg zeigt das Gegenteil. Ausgerechnet die Kunst, die seit dem 19. Jahrhundert jegliche Bedeutung für eine räsonnierende Öffentlichkeit verloren hat und, nicht zuletzt aus dieser Situation heraus, als eigengesetzlich und autonom von Seiten der Produzenten verstanden wird, ist immer wieder ein Stein des Anstoßes.

Ähnlich wie der klassische Kunstbetrieb boomt auch diese temporäre Form von Kunst im öffentlichen Raum. Konflikte gibt es selten, weil fast alles die Wahrnehmungsgewohnheiten nur für eine kurze Zeit herausfordert. Man kann die wachsende Kommerzialisierung der »Global Player« beklagen, muss aber hinzufügen, dass auch die Künstler sich als solche betätigen und über den von Stange angemahnten »Verlust des öffentlichen Raums« nicht mehr nachdenken; ganz im Gegenteil - ihn zu Gunsten des Geschäfts beschleunigen. Dennoch: Die Reaktionen in Nürnberg bleiben die Regel. Jeder Eingriff, sofern er von Dauer sein soll, schafft emotionale Erregung. »Die Aufstellung von Skulpturen im öffentlichen Raum ist der letzte Anlass, der für eine Wiederaufführung der Urszene der modernen Kunst, der Konfrontation mit der Gesellschaft, immer noch gut ist. Nirgendwo sonst scheint man der heroischen Legende näher, als wenn Unterschriften für oder gegen die öffentliche Platzierung einer Plastik gesammelt werden, Leserbriefe in Lokalzeitungen der Empörung oder Begeisterung Luft machen, Vandalen kurz entschlossen zu Werke gehen und Kulturreferenten langatmig um versöhnliche Worte ringen« (Robert Kudielka). Nürnberg ist überall. Und das ist gut so.

Hans-Joachim Manske