Artist Ausgabe Nr. 106

Portraits

Oliver Ressler | Michael E. Smith | Christiane Gruber | Joan Mitchell | Timur Si-Qin

Interview

Yilmaz Dziewior

Page

Hannah Regenberg

Polemik

Textauszug

»Klimawandel in Havanna«
Auf Touristen ist das service- und vermittlungsimmune Land allerdings noch wenig vorbereitet. Zwar fließen Einnahmen direkt wieder in die Infrastruktur des Tourismus (vor allem in All-inclusive-Resorts), aber kaum in die des Landes. Das gilt auch für den Kulturbetrieb. Vieles, was man an Kuba schätzen und lieben kann, ist nicht zugänglich oder schlecht erschlossen. Die legendäre internationale Sammlung des 1913 gegründeten Museo Nacional de Bellas Artes war wieder einmal geschlossen. Untergebracht im ehemaligen Centro Asturiano, ein 1926 im Kolonialstil erbautes architektonisches Juwel der Stadt, quälen seit Juli Schwierigkeiten mit der Klimaanlage. Bis auf Gefrierschrank-Temperaturen heruntergekühlt war hingegen der Art-Déco-Bau Palacio de Bellas Artes, der die Sammlung kubanischer Kunst beherbergt. Bibbernd konnte man hier zahlreiche ungewöhnliche hochrangige Entdeckungen machen, darunter die Gemälde von Armando Garcia Menocal (1863 - 1941), der als Professor an der Kunstakademie Generationen kubanischer Maler ausbildete; oder die von Raúl Martínez (1927 - 1995), der durch seine Pop-Art Portraits von dem Nationalheiligen José Martí und Camilo Cienfuegos international bekannt wurde. Und nicht zuletzt die umfangreichen Werkblöcke von Wifredo Lam (1902 - 1982), der als kubanischer Picasso wie kein anderer die reiche Kunsttradition des Landes repräsentiert. Dauerbaustelle auch vor dem Gebäude. Die 2005 installierte dreiteilige Außenskulptur »Los Catedrales« des kubanischen Superduos »Los Carpinteros« wird grundlegend saniert; allerdings war auch nach drei Wochen Arbeit kaum eine Zustandsveränderung sichtbar. Offensichtlich fehlte es schlichtweg an Material, in diesem Fall an Ziegelsteinen, die aus Sevilla importiert werden müssen. (Seit 2012 kann man übrigens eine erweiterte Fassung dieser Skulptur auch am Escher-Wyss-Platz in Zürich besichtigen. Eine weitere ist für New York geplant.)

Sabine Maria Schmidt