vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 61

Portraits

Karim Noureldin | Oystein Aasan | Daniel Maier-Reimer | Matthias Weischer | Francis Alys | Teresa Margolles

Interview

Susanne Titz

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Silke Wagner

Künstlerbeilage

Florian Slotawa

Portrait

Kleiner Vorhang, 2004, Öl auf Leinwand, 60 x 90 cm, Privatsammlung, Berlin, Courtesy Eigen + Art, Leipzig/Berlin, Foto: Uwe Walt

Textauszug

Matthias Weischer
Der Markt drückt die Malerei wieder eng an die Brust. Amerikanische Sammler haben in einer neuen Konjunkturwelle ihre Liebe zur Krautkunst reanimiert. Besonders der vorgeblich regionaltypische Charme der Ostproduktion mit einer Patina aus heimeliger Tristesse und handwerklicher Raffinesse trifft ins Herz eines von Moderne und Postmoderne gelangweilten Publikums. Das intime Zwiegespräch mit dem auratischen Tafelbild steht wieder hoch im Kurs. Dabei hat die jüngere deutsche Malergeneration insgesamt, vom Legitimierungsdruck gegenüber den diskursiv geadelten avancierten Medien befreit, einen produktiven Schub erfahren. Besonders auf Leipzig ist der Blick des Weltpublikums gerichtet, natürlich nicht zuletzt dank der Wegbereitung durch Superstar Neo Rauch.

Das Publikum kann lernen, dass sich hinter dem Label »Leipziger Schule« höchst unterschiedliche künstlerische Positionen verbergen.
Matthias Weischers Bilder legen es geradezu darauf an, sinnlich wahrgenommen zu werden. Ob es Wohnlandschaften vom Hochhaus bis zum Klischee gewordenen Eigenheim sind oder die jüngsten Interieurs, wie jetzt im Bremer Künstlerhaus zu sehen: Der Künstler ebnet durch gegenständliche Ausstattung einen Spaß und Unterhaltung versprechenden Weg ins Bild. Doch die vermeintliche Vertrautheit gerät schnell ins Wanken, wenn das Auge die zahllosen Irritationen scharf gestellt hat, mit denen Weischers Räume angefüllt sind. Da erweisen sich Konstruktionen als irrational, Perspektiven als unschlüssig, Attribute als kaum vereinbar. Gegenständliches wird angeliefert und gleich wieder verrätselt. Da sorgt der virtuos inszenierte Kampf zwischen Raum und Fläche, zwischen figürlicher Referenz und Abstraktion für anhaltende Offenheit und produktive Unruhe.

Rainer Beßling