vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 61

Portraits

Karim Noureldin | Oystein Aasan | Daniel Maier-Reimer | Matthias Weischer | Francis Alys | Teresa Margolles

Interview

Susanne Titz

Page

Silke Wagner

Künstlerbeilage

Florian Slotawa

Portrait

Große Mauer, China, 2000, C-Print, 90 x 80 cm, alle Fotos:Courtesy Galerie für Landschaftskunst, Hamburg

Textauszug

Daniel Maier-Reimer
Auf seinen Reisen trägt er eine handelsübliche Kleinbildkamera bei sich und macht Fotos der Gegenden, die er durchquert. Das Ergebnis sind merkwürdig lakonische Bilder: immer menschenleer, meist in Nahsicht, selten einen Überblick über die Landschaft gebend. Diese Aufnahmen bilden ab und verweigern sich der Abbildung im selben Moment. Sie sind bewusst unspektakulär und könnten im Grunde überall gemacht sein. Erst die nüchternen Titel stellen die Verbindung mit dem Ort her, der auf ihnen zu sehen ist. So zeigt etwa »Große Mauer, China« (2000) einen bildfüllenden, grün bewachsenen Erdhügel inmitten einer nicht minder üppig grünen Umgebung. »Große Mauer«, China (2001) dagegen gibt den Blick frei auf ein wucherndes Gebüsch am Rande eines abfallenden Tals, das im Hintergrund trocken und steinig wieder ansteigt.

Hier stellt die subtile Farbigkeit, die über unterschiedliche Grüntöne ins Braun-Gelbliche changiert, noch am ehesten einen Bezug zum Entstehungsort her (der Hintergrund könnte mit etwas gutem Willen als Maueruntergrund durchgehen) - aber diese Verbindung läuft allein über die Kenntnis des Titels. Die entschiedene Unentschiedenheit als Grundhaltung der Arbeiten offenbart sich auch an der Platzierung der Motive im Bild, die zumeist aus ihrer Umgebung herausgelöst erscheinen, und der Tatsache, dass die Aufnahmen oft in der Morgen- und Abenddämmerung gemacht wurden, was ihnen einen leicht unscharfen, malerischen Anschein verleiht.
Auf seinen Reisen fotografiert Daniel Maier-Reimer nie inflationär. Manchmal vergehen Wochen, bevor er sich genügend in den Rhythmus seiner Reise hineingefunden hat, um zum ersten Mal auf den Auslöser zu drücken.
Eine Landschaft, sein eigener, längerer Aufenthalt in ihr, das Draußen-Schlafen, die Isolation und der Wunsch, all das zu verknüpfen, führen schließlich zu einer Aufnahme, die weniger ein ausgewähltes Motiv wiederzugeben hat, sondern neben ihrer Existenz als Bild auch repräsentativ für eine bestimmte Zeit und bestimmte Zusammenhänge steht: »Ohne zeitlichen Aufwand einfach nur zu kommen, ein Bild zu machen und heimzugehen kann ich mir nicht vorstellen.

In ihrer Verschlossenheit und dezidierten Unbestimmtheit eröffnen die Bilder von Daniel Maier-Reimer dem Betrachter ein weites Feld persönlicher Zugänge - und gehören dadurch jedem, der sie will.

Janneke de Vries