vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 79

Portraits

Marcel Prüfert | Nikola Ukic | Michael Conrads | FORT | Sigmar Polke

Interview

Florian Waldvogel

Page

Hannes Malte Mahler

Künstlerbeilage

Yukako Ando

Essay

Textauszug

»Spreu vom Weizen«
Einige mögen sich jetzt tatsächlich die Hände reiben. Mag sein, dass sie es zu früh tun. Oder zu spät. Dennoch ist die Situation in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Die Kapitalverluste im Rahmen der derzeitigen Finanzkrise lassen sich nicht mehr in überschaubaren Zahlen beschreiben. Verluste von 23 Billionen Dollar steht ein weiterer Verlust von 57 Billionen Dollar gegenüber, weil eine Blase platzen könnte, die durch spekulative Kreditversicherungen entstand. Dem gegenüber sind die Gewinne und Verluste auf dem internationalen Kunstmarkt Peanuts. Und es mag von daher herrühren, dass sich die Finanzkrise im Bereich der Bildenden Kunst nicht so vehement abzeichnet wie beispielsweise auf dem Automarkt.

In New York aber hat man sich vor kurzem zusammen gefunden, um über eine Ästhetik der Rezession zu sprechen.

Wollten wir diese Begriffbestimmung wirklich ernst nehmen, sähen wir uns dann nicht in den vergangenen Jahren einer expansiven Ästhetik gegenüber? Schließlich ist das Gegenteil von Rezession die Expansion. Unter dem Titel einer »expansiven
Ästhetik« könnte man dann diese Jahre des stetigen Aufschwungs eines heiß laufenden Kunstmarkts rubrizieren. Allerdings hätte dieses Phänomen diese Begriffsbestimmung kaum verdient. Denn der Markt betrieb wohl alles andere als eine begriffliche Expansion der Kunst. Bis auf wenige Ausnahmen wurde das ,klassische‘ Repertoire hochgehalten. Wer da von »künstlerischer Intelligenz« oder »Dematerialisation« sprechen wollte, den hätte man weg geschickt, um die Post zu holen.


Thomas Wulffen