Essay

Roland Schappert: o. T. (WAITING FOR NOTHING), 2019, lichtechter Print auf Aluminium, 100 x 100 cm, © R. Schappert und VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Textauszug

»Waiting For Nothing«
13032020 Es ist Freitag. Ich versuche achtsam mit meinen Terminen umzugehen. Ich fange an zu streichen. Ich werde heute nicht nach Düsseldorf fahren und keine Ausstellungen mehr besuchen.

Meldung aus dem beschränkten Lockdown eines Wohlstandsbürgers: Man kann dem Virus nur mit Witz und hoher Intelligenz begegnen. Prost. Vor lauter Balkongeklatsche und jedem sein Glas Schampus
in der Hand bei mangelhafter Kenntnisse, Mitgefühl und Solidarität im Hirn, schäme ich mich fremd. Schnelle Umkehrung der Verhältnisse.

23042020 Das Virus verfolgt kein Ziel. Es kennt keine guten und schlechten Absichten. Es denkt nur an sich selbst und seine Reproduktion. »Wer es mehr ausdrücken lassen möchte, findet nichts, findet, daß es nichts ausdrückt.«Auch dieser Satz stammt von Maurice Blanchot aus seinem Text DIE WESENTLICHE EINSAMKEIT. Er bezieht sich jedoch nicht auf ein Virus, sondern auf das Wesen der Kunstwerke und der Literatur. Er beschreibt das Unendliche des Geistes und die Unkenntnis
von Künstlern und Schriftstellern in Bezug auf ihr Werk. »Derjenige, der in Abhängigkeit vom Werke lebt, sei es, um es zu schreiben, sei es, um es zu lesen, gehört der Einsamkeit dessen an, was nichts ausdrückt als das Wort ‚sein’ (...).« Das Werk ist nach Blanchot niemals vollendet,
es ist »beweislos, gebrauchslos«.

Roland Schappert