Polemik

Textauszug

»Die totale Virtualität zur Post-Internet-Art der Berlin Biennal
In der Kunst dagegen hat sich unter dem Label »Post-Internet-Art« eine »Community« entwickelt, die die virtuelle Welt des Internets vor allem positiv ansieht und sie in bewusst unkritischer, ja emphatischer Technikbegeisterung abfeiert. Lizzie Fitch/Ryan Trecartin und Timur Si-Qin etwa sind Stars dieser Szene. In Deutschland feierte die Post-Internet-Art 2013 erstmals fröhliche Urstände in der von Susanne Pfeffer kuratierten Ausstellungen »Speculations on Anonymous Objects« im Kasseler Fridericianum. Jetzt steht die Berlin Biennale 9 unter dem Titel »The Present in Drag« ganz im Zeichen der Post-Internet-Art. Programmatisch steht für diese BB 9, geschrieben von dem New Yorker Kollektiv DIS, den Kuratoren der Ausstellung, in ihrem Katalogbeitrag: »Die 9. Berlin Biennale zeigt die Paradoxien, die die Welt 2016 ausmachen: Virtuelles als Reales, Nationen als Marken, Menschen als Daten, Kultur als Kapital, Wellness als Politik, Glück als BIP und so weiter.«

Kunst verortet sich so irgendwo zwischen der Forschungs- und Marketingabteilung von eingangs besagten Internet-Firmen. Dann sollte sie aber auch dort ihr indifferent-affirmatives Dasein fristen und nicht im Kunstbetrieb die Rolle eines, um im Internet-Bild zu bleiben, sich eingeschmuggelten Virus spielen, der lediglich kulturelle Standards zu zerstören vermag.

Raimar Stange