Artist Ausgabe Nr. 46

Portraits

LAWRENCE WEINER | JULIA SCHER | SILKE SCHATZ | DOROTHEE GOLZ | PETER FRIEDL

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Anita Leisz

Künstlerbeilage

Herwig Gillerke

Edition

Jeanne Faust

Ausstellung

Achim Bitter, o.T. (Kinoskulptur), 2000, Hamburger Kunsthalle,

Textauszug

»ein|räumen - Arbeiten im Museum«
Die vornehmlich vertretene jüngere und mittlere Künstlergeneration hat sich mit den heiligen Hallen des Bildungsbürgertums anscheinend bestens arrangiert. Das war nicht zu jeder Zeit so. »Friedhöfe«, »öffentliche Schlafsäle« und »absurde Schlachthöfe der Maler und Bildhauer«, so etikettierten Marinetti und Co. in ihrem »Manifest des Futurismus« (1909) die Museen und riefen zum »lustigen Brandstiften« bzw. zur »Überschwemmung« der Weihetempel auf. Die skeptischen Künstler der 60er und 70er Jahre wiederum betrachteten das Museum als Teil des zu bekämpfenden, bürgerlichen Establishment. Es war die Zeit museumsferner Kunstbewegungen wie Happening, Fluxus oder aber - vollkommen jenseits großstädtischer Vermittlungsstrukturen - Land Art. Protagonisten der Kunstszene tobten sich in einigen wenigen In-Galerien und selbstverwalteten Non-Profit-Spaces, vornehmlich in New York und im Rheinland aus. Frühere Avantgarden taten sich schwer mit der Säulenherrlichkeit der Kunsttempel. Die Devise heutiger Künstler dagegen scheint eher Kooperation als Konfrontation zu lauten. Woher also innerhalb einer Generation dieser plötzliche Sinneswandel, sind die Künstler zu brav geworden? Wo bleibt die gesellschaftliche Sprengkraft heutiger Kunstproduktion? Festzuhalten bleibt: die gesellschaftlichen und ästhetischen Fragestellungen haben sich genauso gewandelt wie die Institution Museum. Man bewegt sich aufeinander zu, untersucht auf beiden Seiten das eigene Rollenverständnis und übt sich im pragmatischen Dialog. Allzu euphorisch vorgetragene Systemkritik ist da eher fehl am Platze. ...

... »ein|räumen« zeigt ein Museum im Wandel, das sich im Meer immer spektakulärerer Freizeitangebote zu behaupten sucht, seine eigene Rolle kritisch hinterfragt und sich im Spannungsfeld seiner traditionellen Aufgabenstellung des Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln nach außen hin öffnet, um Experimenten Raum zu geben. Die grobe Richtung stimmt. Doch gleichzeitig muß gefragt werden, welche Folgen das neue Rollenverständnis des Museums und das damit einhergehende gestärkte Selbstbewußtsein seiner Ausstellungsmacher für andere Institutionen des Kunstbetriebs hat. ...

Nicole Büsing / Heiko Klaas