vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 50

Portraits

Gary Hill | Peter Pommerer | Ralf Berger | Trixi Groiss | Claudia Medeiros Cardoso

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Stefan Wissel

Ausstellungen

»Archisculptures«

Künstlerbeilage

Sonja Alhäuser

Edition

Manfred Pernice

Portrait

»Viewer«, 1996, Videoinstallation Foto: © Gary Hill, Courtesy Kunstmuseum Wolfsburg

Textauszug

Gary Hill
Hills Vertrauen in das Potential der Sprache und seine Motivation, ihr in seinen Videos und Videoinstallationen einen so bedeutenden Platz einzuräumen, erklärt er in einem Interview mit Lucinda Furlong: »Wenn ich einen Standpunkt habe, dann jenen, die privilegierte Stellung, die das Bild und natürlich auch das Sehen in unserem Bewußtsein einnehmen, in Frage zu stellen«. Und weiter: »Die Sprache kann eine unglaublich starke Materie sein. Sie hat so etwas an sich, das, wenn es uns gelingt, sie ihrer Geschichte zu entledigen und zu ihrem eigentlichen Wesen vorzudringen, sofort seine Klauen in uns schlägt, während Bilder manchmal einfach am Rande des Bewußtseins vorüberziehen, als ob wir durch ein Autofenster blicken«.

Um Größe und Elend des Blickes geht es in «Viewer« aus dem Jahre 1996, hier um den ausgelieferten, den in Besitz nehmenden wie den sich armierenden Blick. Siebzehn Männer hispanischer Herkunft stehen lebensgroß, schweigend und wartend in einer Reihe und schauen auf den Betrachter, der wiederum sie anschaut. Hill wurde zu dem Werk durch den Anblick von Arbeitslosen angeregt, die vor seinem Atelier auf der Straße standen und auf Gelegenheitsjobs warteten. Unabhängig von der sozialkritischen Komponente liefert die stumme, panoramahafte Projektion eine eindrucksvolle Studie zur Phänomenologie des Blicks, wie Sartre sie in »Das Sein und das Nichts« beschrieben hat.

Michael Stoeber