Artist Ausgabe Nr. 72

Portraits

Oliver van den Berg | Josephine Meckseper | Yves Netzhammer

Interview

Julian Heynen

Page

Andreas Schimanski

Polemik

Stephan Berg

Künstlerbeilage

Rüdiger Stanko

Portrait

CDU-CSU, 2001, C-Print, Privatsammlung Stuttgart, Courtesy Galerie Reinhard Hauff, Stuttgart, © VG Bild-Kunst, Bonn 2007

Textauszug

Josephine Meckseper
Mecksepers Kunst verfügt über einen hohen Wiedererkennungswert: Antikapitalistische Aus- sagen und politische Statements verpackt sie so geschickt in die verführerische Ästhetik der Warenwelt, dass es auf den ersten Blick schwerfällt, ihre Arbeiten von den Hochglanz- produkten der Luxusgüterindustrie, den Schaufensterarrangements der Nobelboutiquen und der Anzeigenmotive angesagter Modelabels zu unterscheiden. So inszeniert sie etwa auf ihrer mittlerweile fast zur Ikone gewordenen Fotografie »CDU-CSU« (2001) zwei langbeinige Blondinen à la Paris Hilton in tief ausgeschnittenen Designerkleidern. Angesiedelt ist das Ganze in einem schwülstig-luxuriösen Neureichenambiente. Eine krude Mischung aus Mies van der Rohes Sitz- und Liegemöbeln, französischen Antiquitäten, Zebrafell und Marmorkamin dient als Setting. Beim flüchtigen Betrachten wirkt das fast wie ein glamouröses Anzeigenmotiv von Versace oder Pucci. Doch die goldenen Halsketten der schwesternhaft und verbündlerisch dreinblickenden Models tragen die Logos der Unionsparteien und verweisen so auf ein konservativ unterfüttertes Weltbild und Wertesystem. Das rechts im Hintergrund dezent platzierte Hausmädchen - kurioserweise mit schulterfreiem Top und High Heels - in demütig-ergebener Wartestellung signalisiert Subordination und die Betonung ausgeprägter Klassenunterschiede. Gewissermaßen ein Genrebild des gesättigten Spätkapitalismus.

Nicole Büsing / Heiko Klaas