Artist Ausgabe Nr. 77

Portraits

Andrea Pichl | Joseph Marioni | Till Krause | Sofia Hultén | Nedko Solakov | Tobias Rehberger

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Herwig Gillerke

Künstlerbeilage

Thomas Behling

Edition

Astrid Nippoldt

Interview

Susanne Gaensheimer, Direktorin, MMK Frankfurt,

Textauszug

Susanne Gaensheimer
J.K: Unruhige Zeiten: Udo Kittelmann kündigte, um als Direktor der Nationalgalerie nach Berlin zu gehen. Chus Martinez hat nach zweieinhalb Jahren sang- und klanglos dem Kunstverrein den Rücken gekehrt. Die Chefin des Weltkulturen Museums, Anette Rein, ist zurückgetreten. Daniel Birnbaum, Rektor der Städelschule und des Portikus, wurde zum Leiter der Biennale in Venedig 2009 ernannt und ist ab November in Frankfurt beurlaubt, um sich auf diese Aufgabe konzentrieren zu können. Sie kommen aus München, diese Stadt gilt zumindest in Tourismusflyern als heimliche Hauptstadt Deutschlands. Bayern München ist Deutscher Rekordmeister, die Frankfurter Eintracht befindet sich auf den unteren Rängen der Bundesliga. Auch an der kulinarischen Front hat Frankfurt das Nachsehen. Was schätzen Sie an Frankfurt?

S.G.: Frankfurt ist, gerade im Vergleich zu München, eine extrem lebendige Stadt, in er es eine breite Fluktuation von Menschen und Kulturen gibt. Die jüngere Geistesgeschichte Frankfurts ist geprägt von Adorno und der Frankfurter Schule, gesellschaftlich war hier die Studentenrevolte 1968 von großem Einfluss. Dies alles führt dazu, dass selbst die bürgerliche Schicht der Stadt eine große intellektuelle Offenheit und Flexibilität an den Tag legt.

J.K.: Das Museum ist gegenüber anderen Ausstellungsorten kein Ort permanent wechselnder Ausstellungen, sondern Gegenpol zu den flüchtigen Massenmedien und Events, so Udo Kittelmann. Hat Ihr Vorgänger diesen Anspruch eingelöst?

S.G.: Udo Kittelmann hat in den Jahren seiner Zeit am MMK außerordentliches für die Sammlung des Museums geleistet. Er hat nicht nur sehr viel angekauft, sondern dabei auch eine Qualität und Dichte erreicht, die wenige Sammlungen für Gegenwartskunst in Deutschland haben. Viele seiner Ausstellungen haben sich auch in der einen oder anderen Form mit der Sammlung beschäftigt. Dass sie, wie etwa Murakami, auch Medienereignisse sind bzw. waren, tut ja ihrem qualitativen Anspruch keinen Abbruch.

Joachim Kreibohm