Artist Ausgabe Nr. 57

Portraits

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Interview

Robert Fleck

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Heimo Zobernig

Künstlerbeilage

Jürgen Witte

Interview

F.C. Gundlach und Robert Fleck: Deichtorhallen Hamburg

Textauszug

Robert Fleck
J.K.: Sie fungieren als Direktor und künstlerischer Geschäftsführer der Deichtor- hallen und F.C. Gundlach als Gründungsdirektor für das »Haus der Photographie«. Entscheiden Sie auch darüber, was in der Südhalle geschieht oder sind Sie nur entscheidungsfähig für die Aktivitäten der Nordhalle, wer besitzt wo welche Richtlinienkompetenz?

R.F.: Im »Internationalen Haus der Photographie« findet nichts ohne die Zustimmung von Prof. Gundlach statt. In Wirklichkeit ist es viel einfacher und zugleich komplexer, wie es halt zwischen Künstlern und Vermittlern ist - das erlebe ich seit dem ersten Gespräch in dieser Form. F.C. Gundlach ist zunächst durch und durch ein Künstler, der als solcher denkt, an seinem Werk arbeitet, andere Künstler sammelt, der eine präzise Vision von der Pionierrolle der Photographie in der großen Umwälzung hat, die in der Kunst zu Beginn des 21. Jahrhunderts sich so oder so ereignen wird. Dieses Wissen und diese Erfahrung in die Weiterentwicklung der Deichtorhallen einzu- bringen, ist Tag für Tag ein großer Gewinn. Die Programmplanung für 2003, 2004 und 2005 hat sich in vollem Einvernehmen entwickelt. Für das tägliche Funktionieren des Hauses erarbeiten wir derzeit eine interne Geschäftsordnung. Prof. Gundlach hat seine offizielle Funktion in den Deichtorhallen aus eigener Initiative auf zwei Jahre begrenzt. Es geht jetzt vor allem darum, rund um seine Sammlung das »Internationale Haus der Photographie« als einen der großen Schwerpunkte der Deichtorhallen aufzubauen, es beim Publikum zu verankern und urban lebendig zu gestalten.

J.K.: In einem Aufruf vom Februar 2000 forderten Sie Künstler auf, nicht mehr in Österreich auszustellen, weil der Rechtspopulist Jörg Haider an die Macht gekommen war. Jüngst titelte die Hamburger TAZ: »Horáková holt Linksintellektuellen«. Die Senatorin und ehemalige Bild-Zeitungs-Redakteurin bespielt politisch ein anderes Feld. Zwar kann jeder Fußballverein einen ausgezeichneten Links- und Rechtsaußen gebrauchen. Allerdings befinden wir uns nicht auf dem grünen Rasen, sondern in der Welt der (Kultur)Politik. Werden Links und Rechts miteinander auskommen?

R.F.: Warum nicht? In Österreich habe ich eine ganz bestimmte Verantwortung, weil ich aus dem Land komme, der Kunstszene insgesamt verpflichtet bin und über regelmäßige Artikel in Tageszeitungen in die Rolle eines Intellektuellen hineinwuchs. Es ging mir immer nur darum, die Künstler zu verteidigen. Für alles andere habe ich keine Kompetenz. Als ich hörte, dass Schüssel und Haider eine Koalitionsregierung abgeschlossen hatten, wobei Haider eine revisionistische Position (offene Rehabilitierung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Österreich) in die Regierungspolitik eines Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft einbrachte, habe ich mit einer weltweiten Aussendung dazu aufgerufen, nicht mehr mit österreichischen staatlichen Institutionen zu kooperieren. Das hat damals eine unglaubliche Aufregung ausgelöst, über die ich nach wie vor sehr froh bin. Die Idee war, die österreichischen Künstler durch eine hochsymbolische Geste aus dem Verdacht herauszunehmen, sie würden mit einer Regierung kollaborieren, die bewusst unklar mit der nationalsozialistischen Vergangenheit des Landes umgeht. Das haben seither auch viele verstanden. Ich bleibe auch bei der Entscheidung, bis zur Abwahl einer solchen Regierung nicht mehr nach Österreich zu fahren. Das betrifft das Land, aus dem ich komme, und in dem ich das Privileg hatte, eine Rolle als Intellektueller zu spielen.

J.K.: Was wollen Sie erreichen, wie soll sich Ihr Haus bundesweit positionieren?

R.F.: Wenn die Deichtorhallen in fünf Jahren auch beim Hamburger Publikum ebenso anerkannt und beliebt sind wie sie es jetzt bereits im internationalen Rahmen sind, und wenn die Deichtorhallen rund um die Sammlung Gundlach das wichtige »Internationale Haus der Photographie« beherbergen, das es bislang in Deutschland noch nicht gibt, dann ist die Sache gewonnen.

Joachim Kreibohm