Artist Ausgabe Nr. 57

Portraits

Andrea Fraser | FUTURE7 | Shirin Neshat | Florian Pumhösel | Wawrzyniec Tokarski

Interview

Robert Fleck

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Heimo Zobernig

Künstlerbeilage

Jürgen Witte

Polemik

Textauszug

»Teddy gegen seine Liebhaber verteidigt«
In diesem Frühherbst war ein Phänomen zu erleben, dass die Richtigkeit und Hellsichtigkeit von Adornos »Kulturindustrie«-Kapitel aus der mit Max Horkheimer verfassten »Dialektik der Aufklärung« aufs Eindrucksvollste bestätigte. Leider betraf das Phänomen den Erfinder selber. Genauer gesagt, es war Theodor W. Adornos hundertster Geburtstag, der so massenmedial durchgerührt und -gesülzt wurde, dass am Ende aus dem sozialphilosophischen und ästhetischen Theoretiker ein reizender Opi mit dem kuscheligen Namen Teddy geworden war, der allerlei drollige Eigenheiten pflegte und irgendwie ein wichtiger Philosoph und Soziologe in Frankfurt war.
Diese Verniedlichungsmaschinerie lief wie geschmiert, obwohl Adornos als besonders wichtig geltende Bücher wie die »Negative Dialektik« so kompliziert geschrieben sind, dass sie vermutlich ausser ihm selbst niemand verstanden hat. Oder vielleicht ging es mit der Vermarktung des Geburtstags gerade deshalb so gut.

Aber wenn schon alle anläßlich des Teddy-Jahres nostalgisch werden, warum dann nicht auch ich? Nehmen Sie seine ästhetische Theorie als Anleitung zu einer ästhetischen Erkenntnis, die - in seinen Worten - eben weder »diskursiv« noch »widerspiegelnd« ist. Wenn Kunst im Reden aufgeht, ist sie keine; wenn sie etwas ist, das es auch woanders gibt, ist sie ebenfalls kei

Harald Welzer