Portrait

Textauszug

Tobias Rehberger
Bei allen bisher beschriebenen Einzelarbeiten und Werkgruppen ist die Bezugnahme auf schon bestehende Realitäten aus den Bereichen Kunst, Design und Architektur auffallend. Rehberger geht es mit dieser Bezugnahme nicht um das mimetische Moment und auch nicht um die Problematisierung des Origanl-Reproduktion-Themas. Er verfolgt dagegen eine Neudefinition des Verständnisses Künstlerischer Arbeit. Wir sehen in ihm keinen Künstler, der zu einem eigenen Ausdruck gelangen will, sondern einen Menschen, der sich mittels seiner Kunst klarer werden möchte über Strukturen und Beziehungen, in die er gelangt ist. Das kann auf einer persönlichen Ebene erfolgen, wie mit der Installation "Rehbergst" (1994), in der er sich auf Gemälde und Möbel seines Vaters bezieht. Das kann auch auf einer "kulturkritischen" Ebene erfolgen, wie mit der "Goldberg-Icebrg-Collection" (1992), die auf Nachbildungen afrikanischer Kunst beruht. Und es kann auf einer kunstgeschichtlichen Ebene erfolgen. Beispiel dafür sind die verkleinerten Modelle der Sitzmöbel, die bei der ersten documenta verwendet wurden.
Eine andere Art der für Rehberger grundlegenden Thematisierung des Abstandes zwischen dem Künstler und seinem Sujet wird durch den Einbezug der Entwürfe und Ideen anderer Menschen in den Produktionsprozess deutlich. Beispielhaft dafür ist die "Betten"-Installation (1994). Die ausgestellten Doppelbetten hat Rehberger nach Entwürfen seiner Freundinnen angefertigt. Er selbst findet seine Rolle in dieser Arbeit nur noch als Intiator und ausführender Handwerker. Ähnlich ist das Konzept zu den "Vasen" (1995), die zum einjährigen Bestehen der Berliner Galerie Neugerriemschneider erarbeitet wurde. Rehberger hat Vasen erworben und andere Künstler in der Galerie aufgefordert, für diese Vasen Blumenarrangements vorzuschlagen. Das Endprodukt- ein auf Sockeln befindliches Ensemble unterschiedlichster Vasen und Blumen- enthält als Essenz, die man Rehberger als Künstler zuschreiben kann, nur noch die Idee für eine bestimmte Interaktion. Das Ergebnis ist zusammengesetzt aus einfach erwerblicher Konfektionsware und den Beiträgen einiger Kollegen des Künstlers. Der Künstler selbst unterschreibt das Werk nur noch mit seinem Namen, der im Veranstaltungsplan der Galerie erscheint...

Martin Pesch