Artist Ausgabe Nr. 38

Portraits

Matti Braun | CORINNE WASMUHT | KAI ALTHOFF | Rainer Splitt

Interview

Otto Schweins

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Stephan Dillemuth

Künstlerbeilage

Matten Vogel

Interview

Otto Schweins, (mit und vor einer Arbeit von Korpys/Löffler), Foto: Carl Victor Dahmen

Textauszug

Otto Schweins
J.K.: Obwohl man nicht informeller als informel, monochromer als monochrom, gegenständlicher als gegenständlich malen kann, obwohl man das Ready-made oder den Minimalismus nicht noch einmal erfinden kann, erwarten wir von der Kunst die ständige Entgrenzung bisheriger Werte. Aber wie kann sich das Neue in der Postmoderne noch artikulieren? Werden Nuancen und subtile Differenzen umso wichtiger?

O.Sch.: Nuancen und subtile Differenzen waren schon immer wichtig und bleiben es auch. Es kann bei aller Liebe zum visio-nären Anspruch der Kunst nicht nur immer um die Entgrenzung bestehender Werte gehen, das wäre so wie der anachronistische Anspruch, daß Kunst provozieren soll. Vielmehr braucht das Neue neben der Plattform einen Zeitraum, indem sich herauskristallisieren kann, ob es auch wirklich neu und tragfähig ist und einen zusätzlichen Aspekt zur zeitgenössischen Kunst bedeutet. Auch das ist signifikant für die Galeriearbeit. Kunst kann anregen zu eigenständiger Wahrnehmung und intensiver, nicht zweckgebundener Auseinandersetzung mit dem \"Anderen\". Nicht selten wird aus diesem unmittelbaren Anstoß persönlicher Genuß, und daraus manchmal ein Gewinn für die Gesellschaft. Die vermeintlich großen Schritte in der Geschichte der Kunst waren zunächst auch kleine persönliche Schritte, eingebunden in einen größeren gesellschaftlichen und auch künstlerischen Kontext. Vieles möglicherweise Bedeutende wurde sicher auch übersehen oder kam erst später ans Licht. Andere Entwicklungen waren absehbar, letztendlich müssen schon einige Umstände glücklich zusammentreffen, um einen großen Wurf zu landen. Der Anspruch, die Kunst müsse mit spektakulären Ideen und Veränderungen aufwarten, scheint mir überholt. ...

...J.K.: Jede Zeit hat ihr Label. So ist auch das äußere Erscheinungsbild des Galeristen ein anderes geworden. Die einen im schwarzen Anzug, smart und gepflegt, hier das Handy dort die Mailbox. Die anderen lässig und cool mit Jeans, T-Shirt und Sonnenbrille. Spielen in der Kunstszene äußere Dinge eine größere Rolle als in anderen Bereichen?

O.Sch.: Ich habe den Eindruck, daß sich viele in der Kunstszene ganz natürlich verhalten, sie ziehen an, was ihnen am nächsten ist. Die einen salopp, die anderen mehr korrekt. Sicher haben €ußerlichkeiten zu allen Zeiten und in allen Bereichen ihren Stellenwert, aber in unserer Zeit wird die äußere Erscheinung zu einem wesentlichen Bestandteil der Kommunikation. Schon sehr früh wird über Items, Accessoires oder Labels deutlich, wo wer hingehört. Damit erledigt sich einiges an sprach-licher Kommunikation. ...

Joachim Kreibohm