vergriffen

Artist Ausgabe Nr. 67

Portraits

Christine Streuli | Michael Bauer | Alexandra Ranner | Pierre Bismuth | General Idea

Interview

Carsten Ahrens

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Dirk Henning

Ausstellungen

»Die Jugend von heute«

Künstlerbeilage

Benjamin Blanke

Interview

Carsten Ahrens, Direktor,

Textauszug

Carsten Ahrens
J.K.:
Den Museen wird vorgeworfen, das Kerngeschäft zu vernachlässigen, d.h. die Pflege, wissenschaftliche Aufbereitung und Präsentation der Sammlung und stattdessen zu sehr auf Aktualität zu schielen und sich in Abhängigkeit von Sammlern zu begeben. Teilen Sie diese Kritik?

C.A.:
Ich würde diese Kritik nicht als eine Kritik an den Museen formulieren, sondern dahingehend akzentuieren, dass die öffentlichen Hände nicht mehr in der Lage sind, das Kerngeschäft der Museen zu finanzieren. Wären sie dazu in der Lage, kämen die Museen gar nicht in die Not, sich einer Eventkultur zuzuneigen. Der Kernpunkt der Kritik sollte der sein, dass eine Gesellschaft wie die Bundesrepublik Deutschland es sich nicht mehr meint leisten zu müssen, Museen so auszustatten, dass sie ihren Kernaufgaben gerecht werden können.

J.K.:
Für Udo Kittelmann ist das Museum kein Ort permanent wechselnder Ausstellungen, sondern Gegenpol zu den flüchtigen Massenmedien und Events. Stimmen Sie dieser Positionierung zu?

C.A.:
Hehre Gedanken. Allerdings lässt sich das heute so nicht mehr halten. Ich stimme dem Ansatz zu, dass Museen Orte sind, die sich nicht der Schnelllebigkeit unserer Zeit unterwerfen sollten, aber mehr in dem Sinne, dass es auch Orte sind, die gegen den ständig wechselnden Hype des Kunstmarkts andere Markierungsbojen setzen. Ganz konkret, die Werke junger Künstlerinnen und Künstler haben sich vor dem Panorama der Gegenwartskunst der letzten vierzig Jahre zu behaupten. Das Gedächtnis der jungen Generation ist hier nicht immer ausreichend ausgeprägt. Vieles, was heute als neu bejubelt wird, hat es in ähnlicher Form vor Jahrzehnten schon gegeben; kurzum: hier ist eine der Aufgaben gerade des Neuen Museum Weserburg, das mit den ihm anvertrauten Sammlungen einen fantastischen Einblick in die Kunst der 60er und 70er Jahre geben kann, also gerade jene Jahrzehnte vorstellen kann, in denen entscheidende Paradigmenwechsel stattgefunden haben, auf die sich junge Künstlerinnen und Künstler heute beziehen. Dieser kritische Blick auf die aktuelle Kunstproduktion ist für ein Museum unabdingbar.

Joachim Kreibohm