Artist Ausgabe Nr. 60

Portraits

Klaus Hartmann | Louise Lawler | Mona Hatoum | Anri Sala

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Kyung-Hwa Choi-Ahoi

Ausstellungen

»After Images«

Künstlerbeilage

Stefan Mauck

Edition

Markus Huemer

Ausstellung

Textauszug

»After Images«
Alle zwanzig Künstlerinnen und Künstler dieser in zweieinhalbjähriger Vorbereitung zusammengestellten Ausstellung wissen um die Vergeblichkeit der Suche nach dem Authentischen. Ihre Kunst geht davon aus, dass jede Vergangenheit nur aus dem Jetzt heraus vergegenwärtigt werden kann. Einer über diesen Ansatz wissenschaftlich erarbeiteten Ausstellung kann es weder darum gehen, mit Geschmacklosigkeiten zu provozieren, noch darum, mit Betroffenheiten zu sentimentalisieren.

Dabei ist »After Images« weder moralisch noch unmoralisch. Die Ausstellung lässt sich mit jener Elle schlicht nicht messen. Denn ihr Thema ist nicht, greuliche Fakten wieder ins Gedächtnis zu rufen oder gar neue herauszustellen, wie es bei der vieldiskutierten Wehrmachtsexhibitions des Hamburger Instituts für Sozialforschung war. Die Ausstellung »After Images« stellt auch keine ethischen Forderungen. Das ist kein Defizit, denn das ist - auch wenn das manche bedauern werden - überhaupt nicht Thema einer Kunstexhibitions. Hier in der Weserburg geht es im Kern bei allen Arbeiten darum, klar zu machen, dass jegliche Positionierung eine bedingte ist, dass alle Bilder und Topoi vermittelte sind und dass es gar keine Ausrede mit Hilfe welcher Fakten auch immer gibt: Verantwortlich ist jeder selbst. Der Künstler, der Kunstbetrachter, jeder muss individuell Stellung beziehen zu den immer schon vorerzählten Geschichten, die er gehört hat; jeder muss individuell Stellung beziehen zu den immer schon vorsortierten Materialien, die er präsentiert bekommt. Wenn es hier also um ein Ethos geht, dann nicht um ein standardisiertes Bekenntnis, sondern um die aus dem Zweifel heraus aufgeklärte Urteilskraft. Denn die allein kann verhindern, dass einseitige, totalitäre Deutungen zu mörderischen Konsequenzen führen.

Jens Asthoff