Artist Ausgabe Nr. 60

Portraits

Klaus Hartmann | Louise Lawler | Mona Hatoum | Anri Sala

Page

Kyung-Hwa Choi-Ahoi

Ausstellungen

»After Images«

Künstlerbeilage

Stefan Mauck

Edition

Markus Huemer

Portrait

Lottorad, 2002, Öl auf Leinwand, 200 x 150cm, Privatsammlung

Textauszug

Klaus Hartmann
Karge bläulich-braune Landschaften im fahlen Winterlicht, hoch aufragende Achterbahnen und Riesenräder ohne Gefährt, notdürftig mit Plastikplanen gegen den Wind geschützte Holzbaracken und Strandkabinen in der Nachsaison - Klaus Hartmanns Gemälde erzählen von einer verlorenen Welt ohne Menschen, vom geisterhaften Ambiente des Hinterher oder des Davor. Es wohnt ihnen eine melancholische Spannung inne, der eingefrorene Moment einer Erzählung - auch wenn die Protagonisten fehlen. Was wir auf Klaus Hartmanns Bildern sehen, sind Schauplätze möglicher Erzählungen. »Der Mensch interessiert mich weniger«, so Klaus Hartmann. »Mich interessieren wirklich die Dinge. Die Dinge sagen oft mehr über die Menschen aus als die Figur selbst.« Seine bevorzugten Bildmotive sind Schrebergärten, Riesenräder und Achterbahnen auf Jahrmärkten, Brückenüberführungen, Modellwelten mit Schienensträngen, Rettungs- schwimmertürme, Bahnwärterhäuschen oder Strandszenerien. Improvisierte oder in die Jahre gekommene Architekturen. Nostalgische Kindheitskulissen, die längst gehörig Patina angesetzt haben. Vieles wirkt, wie in Abwicklung begriffen. Die vertrauten Oberflächen des Alltags in ihren unbewohnten, verlassenen Settings deuten Geschichten an, die collagenhaft aufblitzen, ohne einen narrativen Faden greifbar zu machen.

Klaus Hartmann, der 1969 in Eisleben geboren wurde und 1991 zum Studium beim beißenden Ironiker Werner Büttner an die Hochschule für bildende Künste nach Hamburg kam, grenzt sich bewusst von den gehypten Malerkollegen aus Leipzig um Neo Rauch ab. Er möchte Etiketten und Labels vermeiden, seine Unabhängigkeit bewahren und nicht die Marktmechanismen bedienen. »Ich gehe gar nicht unbedingt von der Malerei aus«, betont er und nennt lieber Fotografen wie Robert Frank und Walker Evans als seine Referenzfiguren. Wie bei den Amerikanern geht es Hartmann um spontane Momentaufnahmen und um Stimmungen. Aber auch um Alltagsbeobachtungen: Schaufenster- auslagen mit kuriosen Gegenständen, Werbeschilder mit interessanten, einprägsamen Typografien, die Weite der Landschaft in der Provinz mit endlosen Landstraßen bis zum Horizont, einfache Holzfassaden im Sonnenlicht.

Nicole Büsing / Heiko Klaas