Portrait

Anna, Mädchenzimmer, 1995, Videoinstallation

Textauszug

Pipilotti Rist
Ohne Beginn und nie am Ende- dieser Geist begründet die Wahlverwandschaft von Rist und der deutlich jüngeren Techno-Generation. Sind doch deren stundenlangen Musikgewitter ebenfalls von einem ausgeprägt intransitorischen Charakter. "es geht um den Kult von Beschleunigung ohne Zielort, die Schaffung von Empfindung bar jeglichen Präkontextes oder Kontextes", analysiert Kulturkritiker Simon Reynolds die Struktur der Rave-Musik. iese ziellose Dauer, die Rave und Rist ins ästhetische Spiel bringen, demontiert die Vorstellung einer engagiert nach vorne strebenden Avantgarde- und damit auch das von kritischem Engagement. Mit ihrer Einübung in die digitale Welt ist Pipilotti Rist eben gnadenlos einverstanden. Das "girl who don´t misses much" setzt in ihrer Arbeit mehr auf Faszination als auf Veränderung, mehr auf Gefühl als auf Gewissheit.

...Piplotti Rist gelingt es, das technisch reproduzierbare Eros-Programm von Superman bis John Lennon emanzipatorisch zu wenden. Ihre "Schmuddelvideos" gewinnen dem Körper im unverkranpften und hautengen Blick durch die Kamera noch medial unvermittelte Lust ab. Dabei ist der Körper weniger Objekt der Video-Begierde, als sein eigenes Subjekt in "ichzeit" und erlangt so seine Unschuld zurück. Das happy end ist ein überzeugender Versuch, im globalen Dorf der permanenten Viseoinstallationen "love, peace and happiness" doch noch in den elektronischen Äther einzuschleusen.

Raimar Stange