Artist Ausgabe Nr. 56

Portraits

Ina Weber | Franz West | Kalin Lindena | Oliver Godow | Friedrich Kunath

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Jochen Twelker

Polemik

Stephan Berg

Ausstellungen

»Die offene Stadt»

Künstlerbeilage

Alex Hanimann

Portrait

o.T., 2003, Siebdruck, Aquarelltechnik, Stickerei auf Baumwolle, 120,5 x 160 cm, Courtesy BQ, Köln, Foto: Bernhard Schaub

Textauszug

Friedrich Kunath
Reizüberflutung als Stimulans. Friedrich Kunath scheint, zumindest was seine Fähigkeit betrifft, eine Vielzahl visueller Informationen in sich aufzusaugen und in die richtigen Bahnen zu kanalisieren, sehr virtuos zu sein. Manch anderer würde vielleicht angesichts einer derartigen Bilder- und Informationsüberdosis an den Rand eines Nervenzusammenbruchs geraten und für einige Wochen den freiwilligen Rückzug in ein hübsch gelegenes Wald- sanatorium antreten.

Ist Friedrich Kunaths still-resignativer Protest gegen die Rituale der Realwelt und des Kunstbetriebs bloß ein Akt der Provokation oder wissende Ironie an der Schwelle zur subversiven Unterhöhlung eingeschliffener Konventionen? Vielleicht hilft ja der Ironie-Begriff, den der belgische Ausstellungsmacher Jan Hoet entwickelt hat, weiter: »In einem alten Lexikon heißt es, dass ironische Menschen gern mit Absicht absurd erscheinen. Ironie ist nämlich mit Sicherheit immer beabsichtigt und bewusst, und Tatsache ist ebenfalls, dass ihr Wesen - einmal heiter und dann wieder bitter - auf Erfahrung und der Auseinandersetzung mit den Gegensätzen zwischen Anschein und Realität im Leben des Menschen basiert. Ironie ist kein harmloses Witzemachen, sondern... eine Sache des Durchschauens, und zwar auf die gleiche Weise, wie Kunst eine Sache des Durchschauens ist«.

Ob die Brit Pop-Band Oasis, Marcel Duchamp, Francis Picabia, amerikanische Standup- Comedians wie Andy Kaufman, Filme von Schwarzenegger oder Tarkowski, Keith Jarrett oder Gangsta-Rap, Lyriker wie David Berman oder die Mode-Ikone Coco Chanel: Friedrich Kunath - und das ist typisch für viele Künstler seiner Generation - wagt die Relektüre und den Blick in den Rückspiegel. Negativ besetzte Begriffe wie Reizüberflutung oder Konfusion können ihm nichts anhaben. Verwertbares Material gibt es genug. Es kommt nur darauf an, sich seinen eigenen Weg zu bahnen.

Nicole Büsing / Heiko Klaas