Artist Ausgabe Nr. 84

Portraits

Ariel Schlesinger | Roland Schappert | Cordula Ditz | Alexandra Bircken | Cosima von Bonin

Interview

Johan Holten

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Julia Oschatz

Künstlerbeilage

Claudia Christoffel

Interview

Johan Holten, Direktor, Heidelberger Kunstverein

Textauszug

Johan Holten
J.Krb.: Die Krise der Kunstvereine ist ein stets wiederkehrendes Thema. Allerdings denke ich, die Krise ist nicht so sehr eine des Geldes, sondern der Programmatik. Kunstvereine haben längst ihre exklusive Rolle verloren, denn zeitgenössische Kunst wird auch in Museen, Kunsthallen, Städtischen Galerien, auf Messen, Spiekeroog und auf der Zugspitze präsentiert. Das klassische Operationsfeld der Kunstvereine hat sich ausgedünnt. Leider haben viele Vereine auf diese Strukturveränderungen defensiv reagiert, indem sie sich museal ausrichteten und auf diese Weise ihre Existenzberechtigung leichtfertig aufs Spiel setzten. Wie definieren Sie Rolle und Aufgabe der Kunstvereine heute?

J.H.: Ich glaube die Krise ist nicht nur ein wiederkehrendes Thema, sondern sie ist fast zu einer Floskel verkommen, die reflexartig in Verbindung mit dem Thema Kunstverein erwähnt wird. Gott sei dank werden inzwischen verstärkt auch die manchmal ebenso floskelhaften Formulierungen von »Trendsettern der Nation« oder »Vermittlung durch bürgerliches Engagement« angesprochen. Man kann also entweder das eine oder das andere Bild bemühen, je nachdem, in welcher Situation man sich gerade befindet. Mit der Realität haben beide Szenarien nicht viel zu tun. Aber vielleicht kann man festhalten, dass tatsächlich immer neue Kunstvereine gegründet werden, und dass die Zahl der Neuaufnahmen in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine konstant ist, wogegen Austritte kaum vorkommen. Das Modell Kunstverein lebt also, selbst wenn es sich mit veränderten Rahmenbedingungen auseinandersetzen muss.

Joachim Kreibohm