Artist Ausgabe Nr. 23

Portraits

Jürgen Paas | Axel Lieber | Wulf Kirschner | Pia Stadtbäumer | Georg Hartung | Gilbert & George

Interview

Wulf Herzogenrath

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Museum für Moderne Kunst München

Interview

Textauszug

Wulf Herzogenrath
Sie haben das Stichwort selbst gegeben: Hamburger Bahnhof. Ab 1996 soll dort die Sammlung Erich Marx untergebracht werden. Sie wurde von dieser Aufgabe entbunden. Es gab mehr als einmal Querelen mit Heiner Bastian, dem Berater von Marx. Wie beurteilen Sie heute aus einer zeitlichen Distanz diese damalige Kontroverse?

Heute wie damals mit Gelassenheit, denn für mich gab es die Entscheidung, folge ich der Weisung des Generaldirektors, nach der ein aushäusiger Kunsthändler mehr zu sagen hat als der verantwortliche Kustos oder nicht. Diese Situation hat sich, wie man der Berliner Presse entnehmen kann, weiter verhärtet. Die aktuelle Entwicklung scheint mir meine damaligen Urteile noch zu bestärken, daß hier das Museum in Funktion für anderes genommen wird...

Französische Malerei des 19. Jahrhunderts, die Worpsweder Künstlerkolonie und die klassische Moderne bilden die Schwerpunkte der Sammlung. Wlchen Stellenwert hat diese Sammlung im bundesweiten Vergleich?

Da ist wieder der Fußballvergleich ganz gut. Was wir erreichen können, wenn die Sanierung geschafft ist und wir eine Minimalausstattung von der Öffentlichen Hand bekommen, ist erstmal der Wiederaufstieg in die Bundesliga und falls wir dann sozusagen alle Kräfte bündeln, werden wir ab und an einen UEFA- Cup- Platz erreichen. ...

Wollen Sie ein populäres Museum werden, sind Sie ein Direktor zum Anfassen?

Ich hätte nichts dagegen, wenn darunter verstanden wird, daß wir heute auch ein Teil einer Mediengesellschaft sind und in den Medien erscheinen müssen, daß wir so reden, daß uns die Leute verstehen, daß wir Dinge machen, die zwar nicht in allen Teilen von allen gebilligt werden, aber daß jeder, der sich ernsthaft damit auseinandersetzt, einen Zugang zu unserer 500 Jahre unfassenden Sammlung finden kann. Künftig wollen wir mehr Diskussionsabende einführen, um die Visionen, die existentiellen Ideen der Künstler zu vermitteln. Diese Vermittlungsarbeit ist doch eine großartige Chance für Museen, die eben nicht von wechselnden Ausstellungen abhängt, sondern sich auf den vorhandenen Bestand konzentrieren kann.

Joachim Kreibohm